ungeduld

Fällt euch auch langsam die Decke auf den Kopf? Bereits jetzt, nach wenigen Tagen? Ich bin froh um jedes Telefongespräch, das ich machen kann. Jede Möglichkeit mit den Menschen hier in der Gemeinde in Kontakt zu kommen und nicht nur per Email das Dringendste mit den Mitarbeitenden und dem Rat zu besprechen. Dabei wurde ja vom Bund keine Ausgangssperre verhängt. Heute Nachmittag war es klar. Zumindest für die nächsten Tage. 

Wer mich kennt, weiss, das ich eher zu der ungeduldigen Sorte Mensch gehöre. Die Ungewissheit darüber, wann wieder "Normalität" einkehrt, ist zermürbend. Allein der Gedanke, dass ich nicht schnell in ein Geschäft fahren kann, um Material für die Osterbastelei zu kaufen, macht mich unruhig. Ob ich damit alleine bin? Ich weiss es nicht. Was mich beruhigt: Online kann ich jederzeit ein Hörbuch herunterladen und zwei Hefte "Mandalas für Erwachsene" habe ich auch noch. Damit komme ich eine Weile zurecht. Das tröstet mich aber nicht über die Enttäuschung hinweg, dass wir wahrscheinlich die Konfirmation im Mai absagen müssen. Ja, es ist nur ein Fest. Nur ein Gottesdienst. Aber es sind sechs junge Menschen, die sich auf diesen Tag freuen. Ein schönes Kleid, einen Anzug anziehen. Im Mittelpunkt stehen und für einmal etwas zu sagen haben in der Kirche. 

Niemand ist Schuld und irgendwie sind wir doch alle mittragend oder mitfallend in der aktuellen Situation.

Heute Mittag wurde geklatscht. Für all diejenigen, welche für uns das Gesundheitssystem aufrecht erhalten. Laut und deutlich zeigen, wie dankbar man ist. Anerkennen, was Menschen für andere Menschen tun. Und sich im Klatschen, im laut werden miteinander verbinden.

Nun liegt ein Wochenende vor uns ohne Gottesdienst, ohne Partys, grosse Familienessen, Brunch oder Museumsbesuch. Ein leises Wochenende. Ausser dem Rufen und Streiten und Lachen der Kinder. Zeit Zuhause, Zeit für sich und die engste Familie. Zeit zum Entspannen? Für die einen: Ja. Für andere eher weniger. Aber vielleicht, hoffentlich bleibt euch allen Zeit für dieses Gedicht von Rose Ausländer:


Vergesset nicht

Freunde
wir reisen gemeinsam

besteigen Berge

pflücken Himbeeren
lassen uns tragen
von den vier Winden

Vergesset nicht

es ist unsre
gemeinsame Welt
die ungeteilte
ach die geteilte

die uns aufblühen lässt

die uns vernichtet
diese zerrissene
ungeteilte Erde
auf der wir
gemeinsam reisen

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