(k)eine rebellion


"Ich habe schon vorher gewusst, dass ich eher Stadtmensch als Landkind bin. Aber jetzt, nach (wieviel?) drei Wochen Lockdown mit Homeoffice bin ich mir absolut sicher. Ich brauche Teerstrassen, Kaffees, Museen und andere Menschen für den Austausch. Ich brauche neuen Input! Ich bin in diesen Wochen mehr gewandert als in den letzten 10 Jahren. Und es gibt mir nichts. Absolut nichts. Ich verstehe nicht, wie Menschen sich einfach stundenlang in der Natur bewegen oder in die Sonne setzen können und davon zufrieden werden." Meine liebe Freundin J., nicht wortwörtlich, aber dem Sinn nach.


Ich habe so gelacht am Telefon. Mit ihr. Wir haben zusammen über die absurde Situation gelacht, in der wir alle sind. Alle im selben Boot. Alle mit etwas unterschiedlichen Herausforderungen. Die lang ersehnten Informationen zur Lockerung des Lockdown haben keine Erleichterung gebracht. Im Gegenteil. Irgendwie wird es noch schlimmer. Weil klar ist, dass alles unklar bleibt.

Meine Freundin J.: "Ich habe am kommenden Samstag mit einer Freundin abgemacht!" Was für eine Rebellin! So fühlen wir uns. Als Agenten des Alltags, wenn wir nach Bern fahren, um in einem Spezialgeschäft Überlebensnotwendiges einzukaufen: Schokolade und Wein, Oliven, Chips und Bier.

Die Kalender leeren sich immer weiter. Hochzeiten, Ausflüge, Sabbaticals, Aufführungen, Ferien. Eltern und Kinder sehnen sich nach der Struktur von Schule und Kindergarten. Nach "normalem" Spielen und Zusammensein. Der in Aussicht gestellte 11. Mai gaukelt uns  vor, dass all das in absehbarer Zukunft liegt. Vorgaukeln ist vielleicht auch gut und genau richtig. Weil wir Hoffnung brauchen. Lichtblicke und Perspektiven. Wir brauchen sie fast dringender als Schokolade und Wein. Kaum zu glauben, aber wahr.

Seid stark, euer Herz sei unverzagt. Psalm 31.25

Hoffnung heisst: Den Himmel nicht ganz schwarz malen, vielleicht eher grau, mit etwas blau. Hoffnung heisst: Am halbvollen Glas nippen und via Facetime mit Freunden anstossen. Natürlich in der umgekehrten Reihenfolge. Und immer in die Augen schauen beim Anstossen! Nicht vergessen! Hoffnung heisst: Rebellisch sein. Für dich selbst herausfinden, was dir guttut. Es muss nicht die Natur sein. Aber es darf. 

Sie habe gegoogelt, welche Lieferdienste es noch gibt. "Jetzt bestelle ich mir ab und zu etwas. Oder hole bei einem Take away einen Kaffee." Lang lebe die rebellische Seele in uns!

Kommentare

  1. Ein aufstellender Artikel - es geht mir ähnlich wie J. ...Danke! Damaris Di Bennardo

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