Eine kleine Philosophie der Müllentsorgung

Liebe Leserinnen und Leser. Ich bin jetzt Besitzerin einer grünen Tonne. Eine Mülltonne, die man vielseitig verwenden kann: Für Grünzeug oder Müllsäcke. Damit nichts herumsteht bis zur wöchentlichen Abfuhr. Denn Müllsäcke oder Kübel mit Unkraut vor dem Haus sehen nicht sehr aufgeräumt aus. Die Tonne ist zwar auch nicht schön, aber es ist eben eine Tonne und sagt damit allen, die vorbei kommen: Hier wird auf Ordnung geachtet. Und da ich ein sehr ordentlicher Mensch bin, kommt mir das Tonnen-Konzept sehr entgegen. Auch wenn es spiessig ist. Unglaublich spiessig. Aber ich habe mit meinem dreissigsten Geburtstag damit aufgehört nicht spiessig sein zu wollen. Und fühle mich seither um Einiges leichter. Und gebe zu: Ich bin im Spiessertum recht wohl. Also wurde die Tonne in unserem neuen Haushalt herzlich willkommen geheissen. Jedes Mal wenn ich vor die Türe trete oder nach Hause komme, fühle ich ein kleines Glücksgefühl in mir bei ihrem Anblick. Stolz rolle ich sie an jedem Donnerstag Abend die Stufen vor dem Haus hinunter auf den Weg und ziehe sie zur Strasse. Dort steht sie würdevoll neben all den anderen grünen Tonnen und wartet auf ihre Entleerung am kommenden Tag. Bei unserem ersten Mal habe ich sie nur sehr ungern alleine gelassen. Was, wenn sie in der Nacht umfällt? Oder schlimmer: Wenn am nächsten Tag ein Nachbar die falsche (unsere!) Tonne mitnimmt? Dem musste Abhilfe geschaffen werden: Zwei Kleber für Tierrechte wurden umgehend gut sichtbar auf den Deckel geklebt. So kann ich jetzt jeden Freitag die richtige, leere Tonne zurück auf ihren angestammten Platz neben der Haustüre rollen. 
Es sind manchmal die kleinen Dinge, die uns das Gefühl von Zuhause geben. Und Befriedigung. Von Ordnung in all der Unordnung. Wir erleben gerade, was es heisst, nicht planen zu können. Nicht zu wissen, wie die Feiertage aussehen werden. Viele lernen das Gefühl von Einsamkeit kennen. Oder die Furcht davor. Routinen können dem Einen dabei helfen, sich nicht ganz so verloren zu fühlen. Der Anderen hilft vielleicht das Ausbrechen aus dem Gefühl der Enge. Wild zu Musik in der Küche tanzen und dabei alles Corona zu vergessen. Hinter all den Masken sind wir ganz unterschiedlich in dem, was wir brauchen. Und das ist auch gut so. 
Ich möchte in den kommenden Tagen ganz besonders gut auf das hören, was mir kleine und grosse Menschen auf die Frage antworten: Was freut dich? 
Meine Antwort kennt ihr ja jetzt.



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